Sie gehen politisch einen anderen Weg
GEMEINDERÄTE DREI PARTEIUNABHÄNGIGE ERZÄHLEN VON IHREM ENGAGEMENT
Parteien auf kommunaler Ebene spielen eine wichtige Rolle, beispielsweise bei Gemeinderatswahlen. Und dennoch haben auch Parteiunabhängige Chancen. Diese Zeitung fragte bei drei Kandidierenden nach.
73 Köpfe kandidieren bei den Gemeinderatswahlen vom 28. April für 68 Ämter. Darunter befinden sich auch vereinzelt Parteiunabhängige. Die Lehrerin, Sängerin und Kulturmanagerin Ruth Bättig ist eine davon. Seit 2020 bekleidet sie das Amt der Gemeindepräsidentin von Mauensee. «Ich habe mich nie gegen eine Mitgliedschaft in einer Partei entschlossen, es hat sich einfach nicht ergeben», sagt sie, die vor vier Jahren von einem bürgerlichen Komitee auf die Liste «Bürgerliches Mauensee» gesetzt worden war. Dass sie jedoch als Parteiunabhänige eine neutrale Stellung einnehmen könne, sei ihr gerade auch als Profi-Sängerin bedeutsam. In sozialen Medien sollten Musiker keine politi-schen Meinungen vertreten, findet sie.
Auch bezeichnet sich Ruth Bättig als Teammensch, sie pflege einen offenen, direkten und konsensfähigen Kontakt zur Bevölkerung.
In ihrem politischen Alltag sei die Parteizugehörigkeit sehr selten ein Thema. «Die unabhängige und unvoreingenommene Meinungsbildung finde ich wichtig, ob mit oder ohne Parteien im Hintergrund.» Ihrer Ansicht nach sind Parteien durchaus bedeutungsvoll, etwa bei der Suche nach Kandidierenden für öffentliche Ämter, die in Mauensee über Parteigrenzen hinweg erfolge. Doch dank den sozialen Medien könne man sich heutzutage viel einfacher mit anderen Menschen vernetzen als vor der Digitalisierung. Ob ihre Wahlchancen als Mitglied einer Partei grösser wären, kann Ruth Bättig nicht beantworten. Für sie ist aber klar: «Ich würde nie vor einer Wahl schnell in eine Partei eintreten.»
Für alle da sein
Im Gemeinderat Knutwil sitzt mit der Logopädin Ursula Sommerhalder eine weitere parteiunabhängige Person. Sie war 2015 gewählt worden, nachdem sich eine Vakanz im Ressort Bildung gebildet hatte. «In der Gemeindepolitik soll es um Sachpolitik gehen und nicht um das Parteibüchlein», beschreibt sie ihre Motivation, als Parteiunabhängige politisch aktiv zu sein.
Ihr sei es wichtig, die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen und diese in die Exekutive zu tragen. So könne sie auch frei von fremden Vorstellungen und Vorgaben wirken. Ursula Sommerhalder räumt ein, dass Kommunalparteien noch immer viel beitragen können, um valable Kandidierende für öffentliche Ämter zu finden. Nur: «Es wird zunehmend schwieriger, da sich kaum jemand Geeignetes mehr zeitlich verpflichten will.»
Dass sie sich selber dazu bereiterklärt hatte, war auch auf die Anfrage der Knutwiler Mitte-Partei zurückzuführen. Sie habe ihr zudem den Beitritt zur Partei nahegelegt, was sie jedoch abgelehnt habe. Aus persönlicher Überzeugung, und auch, weil «es vermehrt Wählerinnen und Wähler gibt, die eine Parteiunabhängigkeit schätzen». Deshalb erachtet Ursula Sommerhalder ihre Wahlchancen auch als gleich hoch, wie wenn sie einer Partei angehören würde.
Anderes Netzwerk
Sara Unternährer Wigger, ebenfalls Logopädin, gehört der Gruppierung «Nachhaltiges Oberkirch» an, die sie für das Ressort Bildung und Kultur im Gemeinderat nominiert hat. «Mein zivilgesellschaftliches Engagement hat sich aus meiner Lebenssituation heraus entwickelt – als Jugendliche im Sportverein, Logopädin im Berufsverband und Mutter im Elternforum», begründet Unternährer. Die Frage einer Mitgliedschaft in einer klassischen Partei habe sich für sie bisher nicht gestellt. Sie vertrete gerne und überzeugt die sozialen und ökologischen Werte, für welche «Nachhaltiges Oberkirch» (NaOb) stehe. Darin könne man sich auch unabhängig von kantonal oder national aktiven Parteien bewegen. «Man muss nicht auf eine oftmals ideologisch geprägte Grundhaltung einer Partei Rücksicht nehmen.»
Politische Parteien und Gruppierungen strukturierten das zivilgesellschaftliche Engagement, führt Sara Unternährer weiter aus. Sie hätten in Oberkirch beim Einbringen von Themen, bei Vernehmlassungen und dem Suchen nach Mandatsträgerinnen und
-trägern eine grosse Bedeutung, ist sie überzeugt. Das NaOb habe einen weiteren Vorteil für die Gemeinde: «Wir haben ein anderes Netzwerk als die Ortsparteien und dadurch Zugang zu einem breiten und diversen Fundus an potenziellen Kandidierenden.» Sie, die an einem Treffen der Gruppierung auf das frei werdende Amt für Bildung und Kultur aufmerksam gemacht worden war, glaubt, dass ihre Wahlchancen «mindestens so gross sind, wie wenn ich einer klassischen Kommunalpartei angehören würde».